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Kurz & knapp

 

CFS ist eine neuroimmunologische Erkrankung. Die schweren Symptome, welche Betroffene spüren, sind real und keineswegs bloss eingebildet. Sie werden jedoch von einer Art "Softwarefehler" im Gehirn ausgelöst und nicht aufgrund von organischen Schäden.

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Die Wurzel von CFS liegt dabei immer in einer langen Phase von hohem physischem, mentalem und/oder emotionalem Stress. Dies führt mit der Zeit zu neuroplatischen Veränderungen im Gehirn, welche dazu führen, dass Betroffene immer schlechter mit zusätzlichem Stress umgehen können (Limbic Kindling). Irgendwann kommt das Gehirn in einen Zustand ständiger Alarmbereitschaft und beginnt via Nerven-, Hormon- und Immunsystem die unterschiedlichsten Symptome im Körper zu produzieren. 

 

Dies legt den Grundstein für CFS ist aber nicht das, was die Krankheit anschliessend aufrecht erhält. In einer zweiten Phase geraten die Betroffenen in einen verhängnisvollen Teufelskreis aus Triggern (u.a. Aktivität), Symptomen und damit verbundenen negativen Emotionen und Gedankenschleifen. Aufgrund von limbischen Loops im Gehirn bleiben Betroffene damit in der Krankheit gefangen, selbst wenn die ursprünglichen Stressoren (z.B. Covid-Infektion) längst nicht mehr vorhanden sind. 

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Die gute Nachricht ist, dass dieser Prozess umkehrbar ist.

Ursache von CFS

Es gibt bis heute keine allgemein anerkannte Theorie zur Ursache von CFS. Als Multisystemerkrankung erfordert CFS einen interdisziplinären Forschungsansatz, was unser hochspezialisiertes Gesundheitssystem vor Herausforderungen stellt. Entsprechend fällt die Krankheit oft zwischen Stuhl und Bank. 

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Wir präsentieren hier eine Hypothese zur Entstehung von CFS, die durch immer mehr medizinische Studien bestätigt wird. Die neuroimmunologischen Zusammenhänge, die der Erkrankung zugrunde liegen, sind jedoch äusserst komplex und noch nicht überall vollständig verstanden.

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Wichtig ist, dass viele Menschen gesund werden, wenn sie die Krankheit so behandeln, wie es unsere Hypothese vorsieht. Das wissen wir aus eigener Erfahrung und jener vieler Menschen aus der ganzen Welt.

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Dementsprechend verfolgen wir einen anderen Ansatz als die klassische wissenschaftliche Forschung: Wir und viele Pioniere vor uns – häufig ehemalige Patient:innen, auf deren Erfahrungen wir uns stützen – identifizieren Muster, die Betroffenen geholfen haben, CFS zu überwinden. Erst im Anschluss versuchen wir, diese mithilfe der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu erklären, was uns zunehmend besser gelingt. 

 

Der grosse Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass man nicht zwingend verstehen muss, WARUM etwas funktioniert, sondern nur, DASS es funktioniert. Diesen „Luxus“ kann sich die wissenschaftliche Forschung selbstverständlich nicht erlauben. Daher möchten wir an dieser Stelle unseren tiefsten Respekt gegenüber allen Wissenschaftler:innen ausdrücken, die sich der fundierten Erforschung von CFS widmen. Ihre Erkenntnisse tragen entscheidend dazu bei, unsere Hypothese sowie die daraus abgeleiteten Massnahmen kontinuierlich weiterzuentwickeln.

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Der Schwerpunkt dieser Website soll auf der praktischen Hilfe für Betroffene liegen. Wir vermitteln das nötige Hintergrundwissen fundiert aber möglichst allgemeinverständlich und nicht akademisch. Fachleute mögen uns die notwendigen Vereinfachungen verzeihen. 

 
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Bedingungen für einen überzeugenden Erklärungsansatz

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Eine überzeugende Hypothese zur Ursache von CFS muss erklären können, weshalb Menschen aus so unterschiedlichen Gründen daran erkranken, wie sie auch durch unterschiedliche Massnahmen genesen. Ebenfalls muss die Hypothese aufzeigen, wieso alle Patient:innen gute und schlechte Phasen erleben und warum bei ihnen die unterschiedlichsten Symptome auftreten.

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Unser Erklärungsansatz zur Entstehung von CFS kann genau dies leisten - denn letztlich führen alle Spuren der unzähligen Symptome von CFS zum Gehirn und zum autonomen Nervensystem.

 

Doch zuerst werfen wir einen Blick zurück...

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Die evolutionäre Vorgeschichte

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Um CFS zu verstehen, müssen wir die evolutionäre Entwicklung unseres Gehirns betrachten. Seine wichtigste Aufgabe war es immer, unser Überleben zu sichern. Deshalb ist das Gehirn darauf programmiert, ständig nach Gefahren Ausschau zu halten

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Stellen wir uns zwei unserer prähistorischen Vorfahren vor: den entspannten Emil und den vorsichtigen Victor. Emil genoss das Leben sorglos und verbrachte seine Tage entspannt vor der Höhle, ohne sich je um den Säbelzahntiger zu kümmern. Victor hingegen war wachsam und schreckte bei jedem Geräusch auf, stets bereit zu fliehen oder zu kämpfen. Leider wurde Emil eines Tages Opfer des Säbelzahntigers, während Victor durch seine Vorsicht überlebte und viele Nachkommen zeugte.

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Wir sind die Erben jener vorsichtigen Vorfahren, deren Gehirne Gefahrensignale besonders gut verarbeiteten und Alarm schlugen, wenn es nötig war. Die anderen, weniger achtsamen Vertreter, wurden nach und nach aus dem Genpool eliminiert.

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Obwohl wir heute im Zeitalter der künstlichen Intelligenz an der Spitze der Nahrungskette stehen, arbeitet unser Gehirn immer noch wie in der Urzeit. Es ist darauf programmiert, uns vor Gefahren zu schützen, und reagiert auf Stress stets nach demselben Prinzip – unabhängig davon, ob wir von einem Säbelzahntiger verfolgt werden oder unser Handy ständig klingelt.

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Aus evolutionärer Perspektive ist die Stressreaktion ein lebenswichtiges Werkzeug, um kurzfristig auf Herausforderungen und Bedrohungen zu reagieren. In der modernen Welt begegnen wir jedoch zunehmend chronischem Stress – einer Belastung, auf die unser Körper evolutionär nicht vorbereitet ist.

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Wie unsere Stressreaktion funktioniert

 

Das Gehirn verarbeitet kontinuierlich Informationen aus der Umwelt und dem Körperinneren. Auf dieser Basis entscheidet es, ob eine Situation als gefährlich oder ungefährlich einzustufen ist. Sobald es einen Stressor (Gefahr) wahrnimmt, aktiviert es eine Stressreaktion. 

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Dazu stehen dem Gehirn grundsätzlich zwei Hauptmechanismen zur Verfügung:

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  1. Der schnelle elektrische Weg: Dieser erfolgt über das autonome Nervensystem (ANS), insbesondere den sympathischen Anteil, der eine sofortige Kampf-oder-Flucht-Reaktion (Fight-or-Flight) auslöst.

  2. Der langsamere hormonelle Weg: Dieser läuft über die sogenannte HHN-Achse (engl.: HPA Axis). Diese aktiviert längerfristige Stressantworten durch die Freisetzung von Hormonen wie Cortisol.

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Beide Mechanismen werden massgeblich vom Gehirn gesteuert, insbesondere vom limbischen System.

 

Wenn dich die nachfolgend erläuterten physiologischen Zusammenhänge nicht interessieren, kannst du auch direkt zum Abschnitt "Alarmzustand im Gehirn" springen. â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹â€‹

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1. Das limbische System

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​​Das limbische System besteht aus einer Vielzahl an Hirnstrukturen. Für ein besseres Verständnis erachten wir die folgenden als besonders relevant. Ihre spezifischen Funktionen im Zusammenhang mit CFS werden hier vorweggenommen (auch wenn sie für viele erst nach der Lektüre des gesamten Textes verständlich sein werden):

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Amygdala

Sie ist für das Erkennen von Gefahr und das Auslösen emotionaler Reaktionen zuständig. Sobald sie eine Gefahr wahrnimmt, sendet sie Signale an den Hypothalamus.

Anschauliches Beispiel: Wenn du plötzlich einen lauten Knall hörst, ist die Amygdala für die sofortige Schreckreaktion verantwortlich, bevor du die Situation bewusst analysierst.

CFS: Die Amygdala registriert neuroplastische Symptome von CFS als Gefahr und hält damit eine Art "limbischen Loop" aufrecht. Dieser entsteht dadurch, dass die Amygdala jene Symptome, welche sie selber ausgelöst hat, wieder als Gefahr wahrnimmt. 

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Hypothalamus

Er ist die zentrale Schaltstelle des autonomen Nervensystems und des Hormonsystems. Sobald er von der Amygdala ein Gefahrensignal erhält, aktiviert er zuerst das sympathische Nervensystem und dann auch die HPA-Achse, um Adrenalin und Cortisol freizusetzen.

Anschauliches Beispiel: Nach dem lauten Knall, den die Amygdala als Gefahr eingestuft hat, aktiviert der Hypothalamus das sympathische Nervensystem, sodass dein Herz schneller schlägt, deine Muskeln sich anspannen und du bereit bist für eine schnelle Reaktion.

CFS: Wenn der Hypothalamus die Stressreaktion aktiviert, führt dies zu neuen Symptomen, die wiederum einen Fehlalarm in der Amygdala auslösen (vgl. limbische Loops). 

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Insula

Sie ist zentral für die Interozeption, also die Wahrnehmung innerer Körperzustände wie Herzschlag, Hunger oder Schmerz. Sie macht diese körperlichen Veränderungen bewusst wahrnehmbar, so dass man die körperlichen Anzeichen von Stress bemerkt.

Anschauliches Beispiel:: Nach dem Knall verknüpft die Insula die körperlichen Empfindungen (z. B. Herzklopfen) mit der emotionalen Angstreaktion, was zu einem bewussten Gefühl von Angst oder Unruhe führt.

CFS: Die Insula wird mit dem Fortschreiten von CFS immer empfindlicher und nimmt Körpersymptome mit einer immer grösseren Lupe wahr. Dies verstärkt die Angst und sendet ein Signal an die Amygdala zurück, dass die wahrgenommen CFS-Symptome gefährlich sind, obwohl dies in Wirklichkeit nicht der Fall ist.
 

Zudem deuten jüngere Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Insula unter chronischem Stress Immunreaktionen ohne tatsächliche Bedrohungen auslösen kann, was diesen Teufelskreis weiter verstärken würde.

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Hippocampus

Er spielt eine Rolle bei der Bewertung und Interpretation von Bedrohungen auf der Grundlage früherer Erfahrungen. Er hilft dabei, eine Situation im Vergleich zu früheren Erfahrungen zu bewerten, indem er Erinnerungen an ähnliche Gefahren oder sichere Situationen hervorruft.

Anschauliches Beispiel: Wenn du dich in einem sicheren Umfeld befindest und den lauten Knall hörst, kann der Hippocampus helfen, die Situation mit früheren, ungefährlichen Geräuschen zu vergleichen und die Amygdala zu beruhigen, sodass du nicht in Panik gerätst.

CFS: Er spielt eine wichtige Rolle bei der Konditionierung von externen Triggern (z.B. körperliche Aktivität) und Symptomen. Indem eine zunehmende Anzahl Trigger immer wieder zu Symptomen führen, entsteht eine unbewusste Programmierung, dass diese gefährlich sind. 
 

Durch diese und weitere Strukturen kann das Gehirn auf komplexe Weise auf innere und äussere Stressoren reagieren, indem es das autonome Nervensystem und die HHN-Achse aktiviert. Sie sind die beiden primären Stresssysteme des Körpers.

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2. Das autonome Nervensystem (ANS)

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Das autonome Nervensystem steuert viele lebenswichtige Funktionen des Körpers. Es sorgt dafür, dass unser Herz schlägt, wir atmen und unsere Nahrung verdaut wird, ohne dass wir darüber nachdenken oder aktiv etwas dazu beitragen müssen. Man kann es sich wie einen Manager vorstellen, der entscheidet, welche Körperfunktionen gerade die meiste Energie zugeteilt bekommen, damit alles reibungslos funktioniert. Je nachdem, welcher Teil des Nervensystems aktiv ist, werden andere Körperfunktionen priorisiert. 

 

Sympathisches Nervensystem SNS

Dieses wird aktiviert, wenn der Körper auf eine Situation reagieren muss, die erhöhte Wachsamkeit oder Anstrengung erfordert, sei es bei Stress, Gefahr oder körperlicher Aktivität. Es ist sozusagen das Werkzeug, das die Kampf- oder Fluchtreaktion ausführt. Wenn es aktiviert wird, erhöht es u.a. die Herzfrequenz, den Blutdruck, beschleunigt die Atmung und schüttet Adrenalin aus, um den Körper auf eine schnelle Reaktion vorzubereiten.

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Parasympathisches Nervensystem PNS

Dieser Zweig des ANS fördert Entspannung, Regeneration und Heilungsprozesse im Körper. Sein Hauptnerv ist der Vagusnerv. Wenn dieser vom Hypothalamus aktiviert wird, signalisiert er dem Körper, sich zu entspannen, um sich von der Stresssituation zu erholen und zur normalen Körperfunktion zurückzukehren.

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Obwohl die beiden Zweige des ANS oft als gegensätzlich beschrieben werden, können sie durchaus gleichzeitig aktiv sein. Man muss sie sich eher wie zwei Drehregler vorstellen, die das Gehirn je nach Situation aufdrehen kann. 

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3. Die HHN-Achse

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Die HHN-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse) verbindet das Gehirn mit dem Hormonsystem. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, auf Stress zu reagieren, indem sie die Freisetzung des Stresshormons Cortisol steuert. Cortisol mobilisiert Energie, aktiviert kurzfristig das Immunsystem und reguliert den Stoffwechsel. Sobald der Stress nachlässt, reguliert sich die HHN-Achse durch eine Rückkopplungsschleife selbst und bringt das System wieder ins Gleichgewicht.

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Bei chronischem Stress werden die Cortisolwerte dauerhaft erhöht, mit negativen gesundheitlichen Folgen wie Insulinresistenz, Gewichtszunahme, Bluthochdruck, Infektanfälligkeit, uva.

 

In manchen Fällen und wenn dieser Zustand über einen längeren Zeitraum anhält, passt sich das Gehirn an die chronisch hohen Cortisolwerte an, indem es die Empfindlichkeit der Rezeptoren für Cortisol herunterreguliert (ähnlich wie eine Insulinresistenz bei Diabetes) - es kommt zu einer Dysregulation der HHN-Achse, wobei morgens niedrigere und abends oft höhere Werte auftreten. Dieser Zustand kann ebenfalls verschiedene gesundheitliche Probleme verursachen (ständige Müdigkeit, Schlafstörungen, niedriger Blutdruck sowie erhöhte Herzfrequenz, Reizbarkeit, depressive Verstimmung wie auch Angstzustände und erhöhte Stressanfälligeit). 

 

​​Zwischen HHN-Achse und ANS gibt es zudem wichtige Wechselwirkungen. Cortisol, das über die HHN-Achse ausgeschüttet wird, hat nicht nur die Funktion, den Körper auf anhaltenden Stress vorzubereiten, sondern beeinflusst auch das sympathische Nervensystem. Es kann die Sensitivität des sympathischen Nervensystems erhöhen, was bedeutet, dass dieses bei immer kleineren Stressoren aktiviert wird. Diese ständige Wechselwirkung kann bei chronischem Stress dazu führen, dass auch das sympathische Nervensystem dauerhaft aktiv wird. ​Man spricht dann von einer sympathischen Ãœberaktivierung. 
 

Die beiden Stresssysteme (ANS & HHN-Achse) haben vielfältige Auswirkungen auf unsere Körperfunktionen. Hier einige Beispiele: 

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4. Die Auswirkungen auf das Immunsystem

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In einer gesunden Stressreaktion hilft auch das Immunsystem mit, den Körper vor Gefahren zu schützen. Durch eine kurzfristige Immunaktivierung bereitet es den Körper auf Verletzungen oder Infektionen vor, die in einer bedrohlichen Situation auftreten könnten.

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Deshalb ist das Immunsystem eng mit den beiden Stresssystemen SNS und HHN-Achse verzahnt. Beispielsweise wirkt Cortisol (HHN-Achse) normalerweise entzündungshemmend. Bei langfristiger Erhöhung kommt es jedoch zu einer Cortisol-Resistenz der Immunzellen. Dies führt dazu, dass Immunzellen verstärkt entzündliche Zytokine (wie TNF-α, IL-6 und IL-1β) produzieren. Dasselbe passiert bei der Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin (SNS). Proinflammatorische Zytokine steuern und verstärken die Immunantwort, indem sie Entzündungsreaktionen initiieren, Immunzellen aktivieren, die adaptive Immunantwort modulieren und systemische Abwehrmechanismen wie Fieber auslösen.

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Diese entzündlichen Zytokine führen dazu, dass sowohl die HHN-Achse wie auch das sympathische Nervensystem SNS überaktiviert werden. â€‹Bei langanhaltendem Stress kann dies schlussendlich dazu führen, dass die wichtige Balance zwischen pro- und anti-inflammatorischen Zytokinen gestört wird, was zu einer chronischen Entzündungsreaktion führt. Hier spricht man auch vom sogenannten T1-T2-Shift - einer Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Th1- und Th2-Zellen (T-Helferzellen des Immunsystems), wie es bei CFS oft beobachtet wird.​

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5. Die Auswirkungen auf  die Mitochondrien

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​Die Mitochondrien sind sind unsere "Kraftwerke in den Zellen" und für die Energieproduktion im Körper zuständig. Sie nutzen dabei eine Art „Fliessband“ namens Elektronentransportkette, um Energie aus Nahrung in die universelle Zellenergie ATP (Adenosintriphosphat) umzuwandeln. Sie ist zentraler Bestandteil der mitochondrialen Atmung. Diese wiederum ist direkt abhängig von der Lungenatmung. Bekommt der Körper zu wenig Sauerstoff funktioniert die mitochondriale Atmung nicht mehr, muss der Körper auf anaerobe Energiegewinnung (z. B. Milchsäuregärung) umschalten. Diese ist viel ineffizienter und führt zu einer Ansammlung von Laktat (Milchsäure), die zu Muskelermüdung, Schmerzen und Leistungseinbrüchen führen kann.

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Unter akutem Stress steigern die Mitochondrien kurzfristig die ATP-Produktion, um den erhöhten Energiebedarf im Körper und im Gehirn zu decken. Chronischer Stress überfordert jedoch diese Anpassungsfähigkeit. Ein dauerhaft hoher Cortisolspiegel kann das oben erwähnte Fliessband stören, sodass die Energieproduktion nicht mehr reibungslos funktioniert. Eine solche mitochondriale Dysfunktion kann u.a. zu einem Anstieg freier Radikale (oxidativem Stress) führen, welcher die Mitochondrien weiter schädigt und die ATP-Produktion verringert - eine Art Teufelskreis.

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Ein weiterer sich selbst verstärkender Teufelskreis besteht mit Blick auf das Immunsystem, indem sich mitochondriale Dysfunktionen und entzündliche Prozesse (proinflammatorische Zytokine) gegenseitig verstärken. 

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Nicht zuletzt haben auch die Arbeiten von Dr. Robert Naviaux für Aufsehen gesorgt, welche stark vereinfacht aufzeigen, dass aufgrund von chronischem Stress ATP nicht mehr zur Energiegewinnung verwendet wird, sondern als Signalstoff für zellulären Stress oder Gefahr an das Gehirn.

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6. Die Auswirkungen auf den Darm

 

Es besteht eine enge Verbindung zwischen den Stresssystemen des Menschen und dem Darm, die als Darm-Hirn-Achse bekannt ist - insbesondere über den Vagusnerv. Diese Achse ist ein komplexes Kommunikationsnetzwerk zwischen dem Darm (insbesondere dem enterischen Nervensystem, ENS) und dem Gehirn. Es beeinflusst nicht nur die Verdauung, sondern auch Emotionen, kognitive Funktionen und das Immunsystem. Stresssignale vom Gehirn beeinflussen die Darmfunktion und umgekehrt.

 

Akuter Stress führt dabei lediglich zu einer kurzfristigen Unterdrückung der Verdauung, da diese für die Kampf-oder-Flucht Reaktion nicht notwendig ist. Symptome davon können Durchfall, Übelkeit oder Bauchschmerzen sein. Wir kennen das beispielsweise vom Lampenfieber.

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Chronischer Stress wiederum hat auch hier viel gravierendere Folgen. Er beeinträchtigt beispielsweise die Produktion wichtiger Hormone im Darm, wie Serotonin und Melatonin. Dies kann Auswirkungen auf Stimmung und Schlaf haben. Zudem kann chronischer Stress die Darmschleimhaut schädigen und zu Verdauungsproblemen, Reizdarm sowie zu einem "löchrigen Darm" (Leaky-Gut) führen. Dies ermöglicht das Eindringen schädlicher Stoffe in den Blutkreislauf und erhöht die Infektanfälligkeit, weil das Immunsystem des Darms geschwächt wird. Nicht zuletzt besteht auch ein Zusammenhang zwischen Darmgesundheit und psychischer Gesundheit, wie Angststörungen und Depressionen.

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7. Die Auswirkungen auf die Atmung

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Wenn das sympathische Nervensystem aktiviert wird, hat dies auch Auswirkungen auf die Atmung. Jeder kennt dies: unter Stress atmen wir mehr, schneller und oberflächlicher. Dabei laufen wir Gefahr, zu viel Kohlendioxid auszuatmen, was im Extremfall zu Hyperventilation führt. Dieses Hyperventilieren äussert sich bei chronischem Stress sehr subtil und meist ohne, dass Betroffene dies bemerken. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von "Ãœberatmen". 

 

Überatmung hat einen nachteiligen Effekt auf zwei Gase, die grundlegend für die Sauerstoffversorgung unseres Körpers sind: Stickstoffmonoxid (NO) und Kohlendioxid (CO2). Wenn wir durch die Nase einatmen werden grosse Mengen an NO innerhalb der nasalen Atemwege freigesetzt. Das NO hilft, die Blutgefässe in den Lungen zu weiten und steigert damit die Sauerstoffaufnahme ins Blut. Wie viel Sauerstoff anschliessend aus dem Blut an Gewebe und Organe abgegeben werden kann, hängt vom sogenannten Kohlendioxid-Partialdruck ab - also dem Kohlendioxidanteil im arteriellen Blut.

 

Wenn wir unter Stress zu viel atmen (und damit zu viel CO2 ausatmen) wird der Sauerstoffmangel in unserem Körper immer grösser (Bohr-Effekt). Von dieser Mangelversorgung ist auch das Gehirn betroffen, was bestehenden Stress und Ängste weiter verstärkt und zu einem Teufelskreis führen kann. Wenn dies über Monate anhält, führt dies dazu, dass das Atemzentrum des Gehirns dafür "umprogrammiert" wird, einen niedrigeren CO2-Partialdruck zu tolerieren. Wenn die Chemorezeptoren im Gehirn aber erstmal so beeinflusst sind, bleibt die veränderte Atemgewohnheit auch dann weiter bestehen, wenn der eigentliche Stress beendet ist.​

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Alarmzustand im Gehirn
Angst als Ursache

Eine gesunde Stressreaktion ist ein komplexer Prozess mit vielfältigen Auswirkungen im ganzen Körper, der dem Organismus hilft, kurzfristige Stressoren resp. Gefahren zu bewältigen und sich danach wieder zu erholen.

 

Erst wenn dieses Gleichgewicht (Homöostase) durch lang anhaltenden Stress gestört wird, kommt es aufgrund einer Überaktivierung von Nerven-, Hormon- und Immunsystem zu schwerwiegenden Fehlfunktionen bis auf die Zellebene. Diese beeinflussen sich gegenseitig in negativer Weise und haben auch einschneidende Auswirkungen auf unser Gehirn.

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Wie ein ständiger Alarmzustand im Gehirn entsteht

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Es gibt verschiedene Formen von Stress:

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  • Körperlich: z.B. Ãœbertraining, körperliche Arbeit, Schlafmangel, virale Infektionen (wie Covid), Verletzungen, Umweltgifte, schlechte Ernährung, Wetterwechsel, grosse Hitze oder Kälte, etc.

  • Geistig: Multitasking, Reizüberflutung, Druck im Job, exzessives Grübeln, Prüfungsstress, sehr hohe kognitive Anforderungen, etc.

  • Emotional: Traumata, Beziehungsprobleme, Angst, Versagensängste, Mobbing, dauerhafte Ãœberforderung, Gefühl der Sinnlosigkeit, Erwartungsdruck, Selbstzweifel, etc.

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Die Stressformen überschneiden sich und beeinflussen sich oft gegenseitig. Zudem ist es wichtig zu sehen, dass nicht jeder Stress bewusst wahrgenommen wird. Viele CFS-Betroffene haben vor Krankheitsausbruch jahrelang unter chronischem Stress gelitten ohne dies aktiv wahrzunehmen - oft, weil sie diese Situation als "normal" empfunden haben.

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​​Stress akkumuliert sich Körper und führt zu komplexen physiologischen Störungen. Hält dies über Monate oder sogar Jahre an und fehlen die notwendigen Entspannungsphasen, kann es zu einem Phänomen kommen, welches in der Neurowissenschaft als "Kindling" oder "Limbic Kindling" (limbisches Zündeln) bezeichnet wird (vgl. auch hier). Grundsätzlich bedeutet dies, dass das Alarmsystem im Gehirn nach wiederholter Stimulation immer leichter erregt wird, was verschiedene negative Folgen hat, die sich gegenseitig verstärken:

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  • Neuroinflammation (Entzündungsreaktionen im Gehirn): Sie macht das limbische System überempfindlich für körperliche Empfindungen und Stress.

  • Limbische Dysregulation: Gemeint sind hier strukturelle und funktionelle (neuroplastische) Veränderungen im Gehirn, die sich beispielsweise in einer Volumenzunahme der Amygdala äussern. Dies wiederum geht mit einer erhöhten Anfälligkeit für Angstzustände und einer zunehmenden Ãœberreaktion auf Stressoren einher.

 

Durch Limbic Kindling wird eine ungesunde (übertriebene) Reaktion auf Stress physisch im Gehirn verankert. Diese neuroplastischen Veränderungen verstärken ihrerseits das Limbic Kindling. Mit der Zeit verharrt das Gehirn so in einem Zustand ständiger Alarmbereitschaft, was dazu führt, dass sich das Nervensystem fast permanent im Kampf-oder-Fluchtmodus befindet (sympathische Überaktivierung) und die HHN-Achse aktiviert bleibt. Damit ist der zentrale Grundstein für CFS gelegt.

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Vielleicht hilft dir die folgende Analogie einen solchen Zustand erhöhter Alarmbereitschaft noch besser zu verstehen: Wenn du dir einen Horrorfilm anschaust, wird dein Gehirn kurzfristig ebenfalls hypersensibel. Auch nachdem der Film zu Ende ist, reagierst du - anders als sonst - auf kleinste Reize. Eine quietschende Tür oder ein Knall versetzen dich sofort in Angst und Schrecken. Schon der Gedanke an eine (nicht reale) Gefahr löst Stress aus, weshalb du vielleicht vor dem Schlafengehen unter dem Bett oder im Schrank nachsiehst, ob dort eine Gefahr lauert - was dir am nächsten Tag, wenn sich dein Gehirn wieder beruhigt hat, wahrscheinlich völlig lächerlich vorkommt. 

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Das Ganze funktioniert übrigens nur deshalb, weil unser Gehirn nicht unterscheidet zwischen echten Gefahren und solchen, die wir uns nur lebhaft vorstellen. Wir werden später noch sehen, dass dies für die Aufrechterhaltung von CFS absolut entscheidend ist. 

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Die vielfältigen Folgen des permanenten Alarms

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Die Forschung zeigt immer klarer, dass sich bei CFS - als Folge von chronischem Stress - verschiedene biologische Prozesse im Körper gegenseitig negativ verstärken und zu einem "perfekten Sturm" führen. Da es kaum etwas in unserem Körper gibt, das nicht durch das Nerven-, Hormon- oder Immunsystem beeinflusst wird, können die körperlichen Fehlfunktionen und Symptome von CFS auch sehr unterschiedlich sein und immer wieder ändern. Schlussendlich wird das natürliche Gleichgewicht (Homöostase) so massiv gestört, dass der Körper seine zentrale Fähigkeit, sich selbst zu heilen, verliert. 

 

Hier einige Beispiele:

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  • Entzündungsmediatoren können die Mitochondrienfunktion beeinträchtigen (durch oxidativen Stress). In der Folge wird die ATP-Produktion reduziert, weshalb Betroffene nach minimaler Anstrengung extreme Erschöpfung (Post-Exertional Malaise, PEM) erleben können. 

  • Eine gestörte ATP-Produktion kann die Dopaminproduktion stören, was ebenfalls zu Symptomen wie Müdigkeit und Konzentrationsstörungen führt.

  • Proinflammatorische Zytokine können über den Vagusnerv und die Blut-Hirn-Schranke neuroinflammatorische Prozesse auslösen. Dies kann zu Symptomen wie Brain Fog, Gedächtnisproblemen und anhaltender mentaler Erschöpfung führen.

  • Die chronische Immunaktivierung kann sich in grippigen Symptomen, erhöhter Infektanfälligkeit oder geschwollenen Lymphknoten äussern.

  • Die erhöhte sympathische Aktivität in Ruhe geht mit Symptomen wie Tachykardie, Schlafstörungen, Schwindel, Herzrhythmusstörungen und erhöhter Erschöpfung einher.

  • Die reduzierte vagale Aktivität (PSN) führt zu verminderter Herzratenvariabilität (HRV) und zu orthostatischer Intoleranz (z. B. bei POTS – Posturales Orthostatisches Tachykardiesyndrom).

  • Störungen im autonomen Nervensystem können die Balance von Neurotransmittern wie Serotonin, Dopamin, Noradrenalin und GABA beeinträchtigen. In der Folge können depressiven Verstimmungen, Reizbarkeit, erhöhte Schmerzempfindlichkeit und Muskelschmerzen auftreten. 

  • Eine Dysbalance der Neurotransmitter kann zudem zu einer gesteigerten Empfindlichkeit gegenüber Geräuschen, Licht und sogar körperlichen Berührungen führen.

  • Die körpereigene Stressreaktion aktiviert Mastzellen im Darm-assoziierten lymphatischen Gewebe (GALT), was zur Freisetzung proinflammatorischer Mediatoren führt, was wiederum die gastrointestinale Symptome und Nahrungsmittelunverträglichkeiten erklären kann, worüber viele Betroffene berichten.

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Der zentrale Punkt unserer Hypothese ist nun, dass die übergeordnete Ursache all dieser Fehlfunktionen und Symptome im Gehirn zu finden ist. Es handelt sich um eine Art "Software-Problem" und nicht um einen "Hardwareschaden".

Das hypersensitive Gehirn reagiert (als Folge von Limbic Kindling) auf äussere und innere Reize fälschlicherweise mit einer unangemessenen Stressantwort, was zu den beschriebenen Fehlfunktionen und Symptomen führt und einen fatalen Teufelskreis in Gang setzt.  

 

Dieses Problem entwickelt sich über viele Monate auf Basis der bisher beschriebenen Veränderungen im Gehirn immer weiter (manchmal lange Zeit mehr oder weniger unbemerkt). â€‹Erfahrungsgemäss ist es dann oft (aber nicht immer) ein klar identifizierbares Extremereignis, welches Betroffene über ihre individuelle Reizschwelle bringt, ab derer sich die typischen Symptome von CFS entwickeln (v.a. Erschöpfung, Post Exertional Malaise PEM, Dysautonomie, nicht erholsamer Schlaf).​ Dies kann eine Covid-Infektion, eine schwere Grippe, eine Mononukleose (EBV), ein Unfall, der Tod eines nahen Angehörigen oder ein anderes stark belastendes Ereignis sein. 

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Wir benötigen weitere Forschung um zu erklären, was genau diese individuelle Reizschwelle bestimmt, ab derer sich CFS entwickelt und ob ganz grundsätzlich jeder Mensch ein CFS entwickelt, wenn die Stressoren nur stark genug werden oder ob zusätzlich spezifische Prädispositionen erforderlich sind.

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​​​​​​Wenn der CFS-Teufelskreis jedoch einmal angestossen wurde, hängt die Schwere der Erkrankung davon ab, wie stark der Alarmzustand im Gehirn ausgeprägt bleibt. Patient:innen mit einer milderen Ausprägung von CFS verharren in einer Art "tired but wired"-Zustand. Sie fühlen sich müde und gleichzeitig sehr angespannt. Dies äussert sich meist auch in einem nicht erholsamen Schlaf. Der Körper verbraucht praktisch alle Ressourcen für die Aufrechterhaltung des Alarmzustandes, was dazu führt, dass die Patient:innen immer weniger Energie für alltägliche Aktivitäten übrig haben. 

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Wenn sich der Zustand weiter verschlechtert, kann es (in seltenen Fällen) dazu kommen, dass das Gehirn die auf den Organismus einwirkenden Belastungen als zu gross oder zu überwältigend empfindet, weil alle Stressreaktionen des Körpers erfolglos geblieben sind. In diesem Fall aktiviert das Gehirn eine Abschaltreaktion des autonomen Nervensystems, die sich in einem Zustand extremer Immobilisierung (Erstarrung) äussert. Patient:innen im Freeze-Modus sind meist bettlägerig und kaum mehr zu Aktivitäten in der Lage. 

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Ähnliches lässt sich übrigens bei Säugetieren beobachten: Hat ein Löwe eine Antilope gepackt, aktiviert ihr Gehirn ebenfalls den Freeze-Modus. Da eine Flucht nicht mehr möglich ist, schaltet ihr Nervensystem vollständig "herunter", was hinsichtlich der Schmerzen des Gefressenwerdens durchaus nützlich ist. Die Antilope wirkt dadurch wie tot und mit etwas Glück lässt der Löwe sogar von ihr ab. Ist die Gefahr gebannt, kehrt das Nervensystem der Antilope in den Normalzustand zurück, sie schüttelt den Stress dieses Erlebnisses ab und springt munter davon. 

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Die grosse Frage ist nun, weshalb das Gehirn von CFS-Patient:innen, im Gegensatz zu Antilopen und gesunden Horrorfilm-Fans, nicht wieder in den Normalzustand zurückfindet. Und zwar selbst dann nicht, wenn alle Stressoren beseitig sind, die das Gehirn ursprünglich in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt und die verschiedenen Symptome ausgelöst haben (wie z.B. eine Covid-Infektion).

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Limbische Loops halten CFS am Laufen

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Die kurze Antwort ist: Weil das Gehirn von CFS-Betroffenen die Symptome, die durch diesen Alarmzustand entstanden sind, selbst wieder als Gefahr interpretiert. So entsteht ein Teufelskreis (Loop), der sich mit wenigen oder gar keinen äusseren Stimuli aufrechterhält. 

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Dazu möchten wir das Oslo Chronic Fatigue Consortium zitieren: "CFS-Symptome entstehen, wie alle Wahrnehmungen, durch die synchronisierte Aktivität komplexer neuronaler Netzwerke im Gehirn. Während eine solche Aktivität durch Signale ausgelöst werden kann, die in den Geweben des Körpers entstehen, kann sie auch ohne solche Signale auftreten."

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Letzteres wird der Fall, wenn sich das Gehirn selbst in einem hypersensiblen Alarmzustand gefangen hält. Entsprechend gilt es folgende wichtige Erkenntnis festzuhalten:

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Die Faktoren, welche die Krankheit auslösen, sind meistens nicht die gleichen, wie jene, welche die Krankheit aufrechterhalten!

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CFS wird zur Mind-Body-Erkrankung

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In der Entwicklungsphase von CFS sind es die weiter oben beschriebenen physiologischen Störungen aufgrund von chronischem Stress und die damit verbundenen Veränderungen im Gehirn, welche unterschiedliche Fehlfunktionen und Symptome im Körper entstehen lassen. In der Aufrechterhaltung von CFS kommt der Psyche aber eine immer stärkere Rolle zu. Dies bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass CFS eine psychische Erkrankung ist, weil die Psyche eben keine kausale Rolle hat.

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Die neusten Forschungen aus dem Bereich der Psycho-Neuro-Immunologie zeigen jedoch eindrücklich, dass die Psyche und das Nerven-, Hormon- und Immunsystem eng miteinander verknüpft sind. Sie sprechen eine gemeinsame (biochemische und neuronale) Sprache und verfolgen dasselbe Ziel: den Schutz des Organismus, der laufend unterschiedlichen Gefahren und Stressoren ausgesetzt ist.

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Diese Erkenntnisse prallen zurzeit noch auf ein Gesundheitssystem, das stark auf biomedizinische Aspekte fokussiert ist. Dabei wird durch Spezialisierung, Objektivierung und Standardisierung oft vernachlässigt, dass Körper und Psyche eine Einheit bilden. Ein Paradigmenwechsel wäre gerade mit Blick auf CFS zentral, weil es sich um eine bidirektionale Erkrankung handelt: Körper und Psyche beeinflussen sich gegenseitig: was im Körper passiert, kann durch die Psyche (resp. den Geist) verstärkt werden und umgekehrt. Man spricht deshalb auch von einer sogenannten Mind-Body-Erkrankung resp. einer psychosomatischen Erkrankung.

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Das selbsterhaltende CFS-Rad

 

Unser Modell des CFS-Rads (vgl. Abbildung unten) illustriert die wichtigsten Zusammenhänge zwischen Körper und Psyche, welche die Krankheit am Laufen halten. Es beschreibt einen sich selbst erhaltenden Teufelskreis aus körperlichen Fehlfunktionen und den daraus resultierenden Symptomen, negativen Emotionen und Gedankenmustern sowie Triggern, welche dafür sorgen, dass Betroffene in der Krankheit gefangen bleiben, selbst wenn die ursächlichen Stressoren (z.B. Coronavirus) gar nicht mehr vorhanden sind.

 

Alle drei Aspekte des CFS-Rades überlappen sich und beeinflussen sich gegenseitig.

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A) TRIGGER: negative Konditionierungen durch Belastung über Baseline

 

In der Neurowissenschaft gibt es ein bekanntes Prinzip: "What fires together, wires together." - Neuronen, die zusammen feuern, verbinden sich miteinander. 

 

​Unser Gehirn besteht aus Milliarden von Nervenzellen, die Neuronen genannt werden. Diese Neuronen senden kleine elektrische Impulse aus, wenn sie aktiv sind, wodurch sie den Nervenzellen ermöglichen, miteinander zu „sprechen“. Die Kontaktpunkte, an denen Neuronen miteinander verbunden sind und Informationen austauschen, nennt man Synapsen.

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​Wenn wir etwas Neues lernen und dabei zwei Neuronen oft und gleichzeitig aktiv sind, wird die Verbindung an den Synapsen stärker und stabiler. Aus diesem Grund fallen uns komplizierte Dinge durch regelmässiges Üben immer leichter. Nehmen wir als Beispiel das Binden von Schuhen oder das Klavierspielen. Am Anfang musst du dich sehr konzentrieren, aber je öfter du es tust, desto einfacher wird es.

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​Das Faszinierende ist, dass dein Gehirn nicht starr ist. Es kann sich ein Leben lang verändern und anpassen. Wissenschaftler nennen diese Fähigkeit "Neuroplastizität". Das bedeutet, dass du immer in der Lage bist, Neues zu lernen - egal wie alt du bist.

 

​​Was bedeutet das nun im Zusammenhang mit CFS?

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​Die Neuroplastizität hat leider eine Kehrseite: Das Gehirn kann auch Negatives lernen. Wenn es beispielsweise nach körperlicher Anstrengung, die über dem liegt, was das System zu einem bestimmten Zeitpunkt tolerieren kann (Baseline) immer wieder starke Symptome oder gar einen Crash erlebt, werden die Neuronen, die für die Verarbeitung dieser Symptome zuständig sind, immer besser darin, gemeinsam zu feuern. Durch die wiederholte Kopplung von Aktivität und nachfolgenden Symptomen kann eine Konditionierung entstehen und Betroffene werden unbewusst darauf programmiert, dass körperliche Aktivität gefährlich ist.  

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​​Da sich das Gehirn von CFS-Patient:innen aufgrund der Traumatisierung des limbischen Systems ständig in erhöhter Alarmbereitschaft befindet, lernt es fälschlicherweise, auf immer kleinere Reize mit immer stärkeren Symptomen zu reagieren.

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Studien zeigen, dass die Insula besonders auf negative Reize wie Schmerz, Angst oder Unwohlsein reagiert. Sie leitet diese Informationen an Regionen wie die Amygdala weiter, was unerwünschte Verhaltensanpassungen auslöst. Die Welt der CFS-Patient:innen wird dadurch immer kleiner, weil sie sich aufgrund der negativen Erfahrungen und der Angst vor weiteren Crashes immer weniger zutrauen. Im Extremfall hat man am Ende Angst vor fast allem: Aktivität, Nahrung, visuelle und auditive Reize, Gerüche, soziale Interaktion, etc.

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B) SYMPTOME: Falsche Gefahrensignale an das Gehirn

 

Wir haben bereits mehrfach erwähnt, dass das Gehirn von CFS-Betroffenen die Symptome, die durch den permanenten Alarmzustand entstanden sind, selbst wieder als Gefahr interpretiert. Gleichzeitig muss man wissen, dass die Amygdala, wenn sie eine Gefahr wahrnimmt, auch ein Signal an das kognitive Bewusstsein sendet, um ihre Reaktion überprüfen zu lassen.

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Ein Beispiel: Angenommen, du siehst auf einem dunklen Waldweg plötzlich eine Schlange auf dem Boden liegen. Noch bevor du das bewusst realisiert hast, hat dein Körper bereits Stresshormone ausgeschüttet, deinen Herzschlag beschleunigt und deine Muskeln angespannt. Wenn dein Verstand dann erkennt, dass es sich nur um einen dicken Ast handelt, beendet die Amygdala den Fehlalarm und du entspannst dich wieder. 

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​Das Fatale im Zusammenhang mit CFS ist nun, dass das limbische System auf einen Fehlalarm genau gleich reagiert wie auf eine echte Gefahr: Es löst über unser Nerven-, Hormon- und Immunsystem die unterschiedlichsten Reaktionen resp. Symptome aus. Diese sind sehr real und keineswegs bloss eingebildet. Aber sie beruhen eben nicht auf einer realen Gefahr (im Körper oder ausserhalb), sondern auf dem oben beschriebenen Alarmzustand im hypersensiblen Gehirn - die Symptome werden neuroplastisch. 

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​Wenn wir versuchen, diese Symptome zu vermeiden, uns innerlich dagegen wehren oder gar Angst davor entwickeln, sendet dies immer wieder eine Botschaft an das limbische System zurück, die fälschlicherweise bestätigt, dass die Symptome gefährlich sind, obwohl Symptome von CFS in diesem Stadium der Erkrankung nur ein Fehlalarm sind.

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C) EMOTIONEN & GEDANKEN: Katalysatoren der Neuroplastizität 

 

Angst entsteht nicht nur unbewusst. Sie ist auch das Gefühl, das aufkommt, wenn unser Verstand davon überzeugt ist, dass wir uns in Gefahr befinden. Dies führt bei CFS zu einem verhängnisvollen Teufelskreis aus unbewusster Angst (weil das hypersensitive Gehirn überall Gefahren registriert) und bewusster Angst aufgrund der Sorge um die dadurch ausgelösten, neuroplastischen Symptome. Weil diese Symptome manchmal derart krass sind, dass sie durchaus auch von schweren körperlichen Schäden verursacht werden könnten (obwohl dies nicht der Fall ist), kann sich diese Angst manchmal sogar in echte Panik verwandeln. Durch negative Erfahrungen gehen Ängste somit ins Langzeitgedächtnis über und werden immer tiefer im Gehirn eingebrannt (Neuroplastizität). 

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Gleichzeitig wird die Interozeption (die Lupe, mit welcher wir die Vorgänge im Körper wahrnehmen) der Betroffenen immer sensitiver. Sie bemerken jedes noch so kleine Symptom und bewerten es. Sie machen sich ständig negative Gedanken wie: "Was hat dieses Symptom zu bedeuten? Was habe ich falsch gemacht? Kommt jetzt ein Crash? Kann ich X heute noch tun oder ist das dann schon wieder zu viel? Werde ich je wieder gesund?"

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Dieser Teufelskreis verstärkt sich selber: ​

  1. Neuroplastische Symptome lösen negative Gedankenschleifen und Angst aus.

  2. Diese versetzen das Gehirn erneut in erhöhte Alarmbereitschaft, was zu noch mehr Symptomen führt. 

  3. Dies führt zu (noch stärkeren) Angstgefühlen und negativen Gedankenschleifen.

  4. Diese wiederum erzeugen (noch mehr und/oder noch schwerere) Symptome. 

 

CFS wird deshalb manchmal auch als "Treibsand-Krankheit" bezeichnet: je mehr man in Panik gerät, umso schneller versinkt man im Sand. Obwohl CFS keine psychische Erkrankung ist, bekommt ihre Aufrechterhaltung damit eine zentrale mentale/psychische Komponente.

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​Bei manchen Patient:innen ist dabei nicht Angst die primäre Emotion, welche den Teufelskreis am Laufen hält. Es können auch Frustration, Wut, Verzweiflung, Scham, Sorge oder andere Emotionen sein, die das Gehirn in erhöhter Alarmbereitschaft halten. 

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Praxisbeispiel zur Entstehung von CFS in drei Phasen

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Zum Schluss wollen wir das bisher Gelernte übertragen auf ein fiktives, aber realistisches Beispiel einer CFS-Patientin - nennen wir sie Anna. 

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1. Entwicklungsphase

 

Anna ist eine erfolgreiche Rechtsanwältin. Sie hat einen stressigen Job und hält sich täglich mit verschiedenen Stimulanzien wie Koffein und Zucker über Wasser. Seit einem Jahr ist ihr Mann an Krebs erkrankt, was sie emotional sehr belastet und es immer schwieriger macht, Arbeit und private Verpflichtungen unter einen Hut zu bringen. Doch sie ist eine Kämpferin und gibt niemals auf. Sie merkt zwar, dass sie viel öfter mit grippalen Infekten zu kämpfen hat als früher, aber sie macht einfach immer weiter.

 

Hintergrund: Annas allostatische Belastung steigt über viele Jahre an, ohne dass ihr Körper und ihre Seele die nötigen Erholungsphasen bekommen, um sich ausreichend zu regenerieren. Der chronische Stress führt zu einem dauerhaft erhöhten Cortisolspiegel, der ihr Immunsystem schwächt. Da sie diese ersten Signale ihres Körpers ignoriert und sich immer weiter pusht, befindet sich ihr gesamtes System immer öfter in erhöhter Alarmbereitschaft, was neuroplastische Veränderungen im Gehirn anstösst.

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2. Auslösephase

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Eines Tages erkrankt Anna an Covid und liegt zwei Wochen lang völlig flach. Obwohl sie sich danach nicht wirklich gesund fühlt, geht sie wieder zur Arbeit und versucht, all ihren Verpflichtungen nachzukommen. Wochenlang kämpft sie sich mühsam durch. Manchmal geht es ihr besser. An anderen Tagen, vor allem wenn sie sich mal wieder ziemlich überanstrengt hat, bleibt ihr nichts anderes übrig, als im Bett zu bleiben, denn wenn sie aufwacht, hat sie das Gefühl, gar nicht geschlafen zu haben. Sie fühlt dann eine tiefe Erschöpfung, die anders ist als alles, was sie bisher erlebt hat.

 

Sie macht sich große Sorgen, denn eigentlich ist sie seit vier Monaten nicht mehr richtig gesund gewesen. Ständig sucht sie ihren Körper nach Symptomen ab, fühlt sich total angespannt und kann überhaupt nicht mehr abschalten.

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Hintergrund: Die Covidinfektion ist das letzte Puzzlestück, das Anna über ihre Reizschwelle gebracht hat, aber derer sich typische CFS-Symptome wie Post Exertional Malaise PEM entwickeln. Ihr Gehirn findet nun nicht mehr in den Normalzustand zurück, da ihr limbisches System aufgrund von Limbic Kindling beginnt, immer stärkere Reaktionen auf immer geringere Reize auszulösen. 

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3. Chronifizierungsphase

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Aus Sorge um ihre Gesundheit sucht Anna verschiedene Ärzte auf, die zahlreiche Tests durchführen. Doch ausser einer gestörten Darmflora wird nichts gefunden. Die Ärzte empfehlen ihr Ruhe, verschreiben ihr Medikamente gegen die verschiedenen Symptome, überlassen sie aber ansonsten mehr oder weniger sich selbst. Die folgenden Monate sind geprägt von unzähligen Push-Crash-Zyklen. In den besseren Phasen versucht Anna, alles zu aufzuholen, was sie verpasst hat, nur um danach immer wieder in einen Crash zu geraten, wo sie zu nichts mehr fähig ist (Post Excertional Malaise PEM). In diesen Phasen sind die Symptome so stark, dass sie jedes Mal in Panik gerät. Manchmal jedoch, wenn sie einen schönen Film anschaut oder ihre besten Freundinnen zu Besuch kommen, spürt sie eine Linderung der Symptome, die sie manchmal erst im Nachhinein bemerkt. 

 

Wenn es ihre Energie erlaubt, probiert sie verschiedene alternative Therapien aus. Sie beginnt, Dutzende von Nahrungsergänzungsmitteln einzunehmen und recherchiert fast täglich im Internet, wo sie durch die vielen Horrorgeschichten noch mehr Angst bekommt. Ihre Stimmung wird immer depressiver. Jedes neue Symptom in ihrem Körper nährt ihre schlimmsten Befürchtungen, nie wieder gesund zu werden. Ihre Welt wird immer kleiner, weil sie bei immer geringerer Anstrengung starke Symptome bekommt.

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In der Folge lässt sie sich monatelang krankschreiben, weil sie einfach nicht mehr kann. Obwohl sie sich fast den ganzen Tag nur ausruht, wird es nicht besser. Ihre Gedanken kreisen ständig um ihre Symptome, die manchmal so stark sind, dass sie fast verrückt wird. Gleichzeitig ist sie die meiste Zeit so erschöpft, als hätte ihr jemand den Stecker gezogen. Nach und nach wird sie auch überempfindlich gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln, lauten Geräuschen, grellem Licht und intensiven Gerüchen. Sie schläft kaum noch richtig, ihre Verdauung wechselt zwischen Durchfall und Verstopfung und ihr Herz rast bei jeder Kleinigkeit. Wenn sie aufsteht, wird ihr jedesmal schwindelig. Sie fühlt sich wie ein komplettes Frack. Das Schlimmste aber ist, dass das Leben Monat für Monat und dann Jahr für Jahr an ihr vorbeizieht und ihr niemand helfen kann.

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Hintergrund: Anna ist in einem limbischen Loop gefangen, in der das Gehirn die Symptome, die es selbst verursacht hat, als Gefahren wahrnimmt und deshalb immer wieder neue Symptome produziert. Dies hält ihr Gehirn in einem hypersensitiven Alarmzustand, der dazu führt, dass ihre Stressschwelle immer weiter sinkt. Wird diese Schwelle auch nur geringfügig überschritten, hat sie starke Symptome. Diese lösen Gefühle wie Angst, Frustration oder Hilflosigkeit aus, die ihrerseits den limbischen Loop in Gang befeuern. Solange Anna diesen Kreislauf nicht durchbrechen kann, bleibt sie in ihrer Krankheit gefangen, auch wenn sie sich den ganzen Tag nur ausruht.

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Zusammenfassung und Ausblick auf Behandlung

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Wir haben gezeigt, dass die Wurzel von CFS immer in einer langen Phase von hohem physischem, mentalem und/oder emotionalem Stress liegt, wobei dieser von einigen Betroffenen in der Entwicklungsphase gar nicht bewusst wahrgenommen wird, weil er als "normal" empfunden wird.

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Trotzdem führt dies mit der Zeit zu neuroplatischen Veränderungen im Gehirn (Limbic Kindling), welche dazu führen, dass Betroffene immer schlechter mit zusätzlichem Stress umgehen können. Irgendwann kommt das Gehirn in einen Zustand ständiger Alarmbereitschaft und produziert via Nerven-, Hormon- und Immunsystem die unterschiedlichsten Fehlfunktionen und Symptome. Dies legt den Grundstein für CFS, ist aber meist nicht das, was die Krankheit anschliessend am Laufen hält. 

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Erst der Teufelskreis aus Triggern, Symptomen und negativen Emotionen und Gedankenschleifen hält die Betroffenen chronisch in der Krankheit gefangen (Limbische Loops).​ Ohne Gegensteuer dreht sich dieses CFS-Rad dabei immer weiter, indem sich alle drei Faktoren ständig gegenseitig verstärken und permanent Gefahrensignale an das Gehirn senden.

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​Die individuellen Krankheitsgeschichten präsentieren sich dabei sehr unterschiedlich. Die Übergänge von der Entstehung zur Aufrechterhaltung von CFS sind fliessend und verlaufen bei jedem Menschen etwas anders. Eines ist aber bei allen gleich: ​Wer CFS überwinden will, muss an der zentralen Ursache der Erkrankung ansetzen. Er muss den permanenten Alarmzustand im Gehirn sowie das Limbic Kindling rückgängig machen und damit die sympathische Überaktivierung stoppen. Je öfter das gesamte System dadurch wieder in einen parasympathischen Zustand kommt, umso weniger Entzündungen und Stresshormone werden produziert. Auf diese Weise verschwinden die CFS-Symptome nach und nach und auch die sekundären Dysfunktionen bilden sich in der Regel zurück.

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Wir hoffen, du verstehst nun, wieso es meistens nicht viel hilft, nur die vielfältigen Symptome von CFS zu behandeln. Solange die zentrale Ursache nicht angegangen wird, sind die Erfolge symptomatischer Therapien oft nur von kurzer Dauer oder bringen gar keine Besserung.

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​Wir laden dich deshalb ein, den auf dieser Website vorgestellten Methoden eine Chance zu geben. Unter dem Menüpunkt Behandlung findest du alles, was du brauchst, um wirklich an der Ursache anzusetzen und CFS zu überwinden.

 

Warte nicht länger, sondern handle jetzt, auch wenn dir nicht danach ist. Es lohnt sich!

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Medizinische Schlussbemerkung

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Kehren wir nochmals zurück zu den ganz am Anfang formulierten Bedingungen, welche eine Erklärung zur Ursache von CFS erfüllen muss:

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  • Weshalb erkranken Menschen aus so unterschiedlichen Gründen an CFS? Voraussetzung für die Entstehung von CFS ist zwar immer ein überwältigendes Mass an körperlichem, geistigem oder emotionalem Stress, den die Betroffenen manchmal gar nicht aktiv wahrnehmen. Der letzte Auslöser, der das System über die entscheidende Stressschwelle bringt, kann aber sehr unterschiedlich sein (Covid, Eppstein-Barr-Virus EBV, Unfall, Scheidung, Umweltgifte, etc.)

  • Wieso genesen Menschen durch unterschiedliche Massnahmen? Bei einigen Patient:innen reicht es aus, die sekundären Dysfunktionen zu beheben, um dem Körper genügend Kapazität zu verschaffen, sich selbst zu heilen. In den meisten Fällen muss jedoch aktiv an der Behebung der zentralen Ursache (Limbic Kindling / Alarmzustand im Gehirn) gearbeitet werden. Leider gibt es dafür bis heute keine anerkannte Therapie. Es ist immer ein individueller Weg. Wir kennen jedoch bestimmte Muster, die oft funktionieren und die wir auf dieser Website vorstellen. 

  • Wieso haben Patient:innen gute und schlechte Phasen? Wir haben gesehen, dass die Faktoren, die die Krankheit auslösen, nicht diejenigen sind, die sie aufrechterhalten. Sobald die ursprünglichen Stressoren (z.B. Covid) verschwunden sind, ist es der Teufelskreis aus Symptomen, Angst und immer neuen Triggern, welcher dafür sorgt, dass Patient:innen krank bleiben. Diese Spirale dreht sich jedoch nicht immer gleich schnell und kann sich sowohl in die negative (Gefahr) als auch in die positive Richtung (Sicherheit) bewegen, was zu guten und schlechten Phasen führt. 

  • Wieso treten bei Patient:innen die unterschiedlichsten Symptome auf? Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Stress. Es gibt kaum etwas im Körper, das nicht von der Stressantwort über das autonome Nervensystem und die HHN-Achse (v.a. Cortisol) betroffen ist. Deshalb können bei CFS über hundert verschiedene Symptome auftreten. Manche treten ständig auf, andere nur sporadisch, wieder andere gar nicht.

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Wir haben versucht zu zeigen, dass bei allen Antworten auf die oben gestellten Fragen der andauernde Alarmzustand im Gehirn und der damit verbundene limbische Loop eine entscheidende Rolle spielen. Aus unserer Sicht liegt hier die zentrale Ursache der Erkrankung, denn alle Symptome und Funktionsstörungen von CFS lassen sich letztlich auf das Gehirn und das autonome Nervensystem ANS zurückführen.

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In der Literatur und in den verschiedenen Therapieprogrammen, die im Internet zu finden sind, werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt: mal wird das ANS betont, mal das limbische System oder das Gehirn. Für die Therapie ist dies jedoch unerheblich, da die therapeutischen Massnahmen immer ähnlich sind. 
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Selbstverständlich ist uns bewusst, dass in der wissenschaftlichen Literatur auch andere Erklärungsansätze für die Entstehung von CFS diskutiert werden. Dazu gehören neben vielen anderen: chronische Entzündungsprozesse, Dysregulation des CRFR1/CRFR2-Stressreaktionswegsdysfunktionale Autoantikörper gegen ß2AdR und M3-Acetylcholinrezeptor, abnormale neurovaskuläre Kopplung, sowie weitere immunologische oder mitochondriale Dysfunktionen ebenso wie multifaktorielle Ansätze.

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Dabei handelt es sich aus unserer Sicht jedoch wahrscheinlich um Subkategorien unseres Erklärungsansatzes, welche die patophysiologischen Zusammenhänge in Teilbereichen detaillierter aufzeigen. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass viele Patient:innen genesen, wenn sie die von uns dargestellte übergeordnete Ursache behandeln, erscheint uns diese Schlussfolgerung zum heutigen Zeitpunkt legitim. Letztlich ist es aber Aufgabe der wissenschaftlichen Forschung, hier endgültige Klarheit zu schaffen.

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Wer sich eingehender mit der aktuellen Studienlage auseinandersetzen möchte, welche unsere Hypothese stützt, findet nachfolgend einige interessante Ausgangspunkte.​

Weiterführende Studien

Weiterfürende Studien

01.

Chronic fatigue syndromes: real illnesses that people can recover from

(Oslo Chronic Fatigue Consortium)

02.

An Etiological Model for Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome

03.

Sympathetic nervous system dysfunction in fibromyalgia, chronic fatigue syndrome, irritable bowel syndrome, and interstitial cystitis: a review of case-control studies

04.

Neuroplasticity Intervention, Amygdala and Insula Retraining (AIR), Significantly Improves Overall Health and Functioning Across Various Chronic Conditions

05.

Unconscious amygdalar fear conditioning in a subset of chronic fatigue syndrome patients

Häufige Fragen

  • Was ist Somatic Tracking?
    Hier geht es darum, dass du blablabla. Und auch sososo.

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